KRIEGSVERBRECHEN UKRAINEN VS RUSSLAND (German/English)

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Ukraine will 13.000 Fälle prüfen

In Kiew ist am Montag im ersten Prozess wegen Kriegsverbrechen ein russischer Soldat zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der 21-jährige Unteroffizier hatte gestanden, einen 62-jährigen Zivilisten erschossen zu haben. Laut der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa werden noch viele ähnliche Verfahren folgen. An die 13.000 Fälle würden untersucht, heißt es.Online seit heute, 20.36 UhrTeilen

Nur kurz zuvor war von etwa 11.000 Verdachtsfällen die Rede gewesen. Das zeige, hieß es Montagabend von der BBC, wie rasch diese Zahl größer werden. Die 13.000 Fälle hatte die Generalstaatsanwältin gegenüber der „Washington Post“ genannt. Der Krieg in der Ukraine dauert mittlerweile genau drei Monate. Er hatte am 24. Februar mit dem russischen Überfall auf das Nachbarland begonnen.

Der Fall des ersten Verurteilten, Vadim S., war der erste vor Gericht verhandelte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der 21-Jährige habe gegen die Gesetze des Krieges verstoßen, sagte Richter Serhij Agafonow in der Begründung des Urteils gegen den Unteroffizier.

Verurteilter beruft sich auf Befehl

Er will nach Angaben seines Anwalts Berufung gegen das Urteil einlegen. „Das ist die härteste Strafe, und jeder vernünftige Mensch würde sie anfechten“, sagte Viktor Owsjannikow. Der „gesellschaftliche Druck“ sei bei der Entscheidung des Gerichts spürbar gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft beantragt. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch, weil der Soldat einen Befehl ausgeführt habe.

Mit vier weiteren Soldaten Auto gestohlen

Der Prozess hatte in der vergangenen Woche begonnen. Für möglich gehalten wird, dass der Mann gegen ukrainische Gefangene in Russland ausgetauscht wird. Wie die Ukraine hat auch Russland viele Soldaten in Gefangenschaft genommen.

Der Angeklagte S., der der Panzerdivision Kantemirowskaja aus der Region Moskau angehörte, räumte ein, am 28. Februar in dem Dorf Tschupachiwka östlich der Hauptstadt Kiew einen unbewaffneten Zivilisten erschossen zu haben. In den ersten Tagen des Angriffskriegs war die Panzerdivision des Angeklagten Richtung Kiew vorgerückt.DEBATTEUkraine: Wie Frieden erreichen?

Als die Kolonne von ukrainischen Streitkräften angegriffen wurde, habe S. gemeinsam mit vier weiteren Soldaten ein Auto gestohlen, um zu fliehen, sagte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft. Die russischen Soldaten seien in das Dorf Tschupachiwka gefahren.

Mehrere Schüsse mit dem Sturmgewehr

Dort trafen sie laut der Anklage auf einen unbewaffneten Bewohner, der mit seinem Fahrrad unterwegs war und mit seinem Handy telefonierte. Der Verdächtige habe daraufhin den Befehl erhalten, den Zivilisten zu töten. Die Soldaten hätten so verhindern wollen, dass der ukrainische Zivilist ihre Anwesenheit verrät. S. habe mit einem Sturmgewehr mehrere Schüsse durch das offene Fenster des Autos auf den Kopf des Mannes abgegeben. Das Opfer sei auf der Stelle tot gewesen.

Später habe er sich selbst in Gefangenschaft begeben, denn er habe leben und „nicht kämpfen“ wollen. „Ich streite meine Schuld nicht ab.“ Ein anderer russischer Soldat, der sich mit ihm in Gefangenschaft begab, bestätigte vor Gericht die Version. Der Befehlsgeber sei 25 bis 30 Jahre alt gewesen, sagte der Zeuge. Ihnen sei erzählt worden, dass der Offizier inzwischen tot sei.

Lebenslange Haft für russischen Soldaten

Prozess unter internationaler Beobachtung

Der Soldat entschuldigte sich während des Prozesses. „Ich bedauere es. Ich bereue es sehr. Ich habe mich nicht geweigert und ich bin bereit, alle Maßnahmen zu akzeptieren, die verhängt werden“, sagte er in seinem Schlusswort. Der Prozess in Kiew steht unter besonderer Beobachtung, dürfte er doch angesichts schwerer Vorwürfe gegen das russische Militär nur der Auftakt für viele weitere Verfahren sein.

Anwalt Owsjannikow hatte den Prozess zu Beginn als Herausforderung bezeichnet. „Das ist der erste Fall in der Ukraine mit einer solchen Anklage. Es gibt keine einschlägige Rechtspraxis oder Urteile zu solchen Fällen“, sagte er. Aus dem Kreml hieß es kurz vor der Urteilsverkündigung, Moskau suche nach Möglichkeiten, dem Beschuldigten zu helfen. „Natürlich macht uns das Schicksal unseres Mitbürgers besorgt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Tausende getötete Zivilisten

Russland ist am 24. Februar in das Nachbarland Ukraine einmarschiert. Die Vereinten Nationen haben seitdem mehr als 3.800 getötete Zivilisten registriert. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher sein. UNO-Menschenrechtsexperten führen Untersuchungen wegen Kriegsverbrechen im Land durch. Der Internationale Strafgerichtshof (IGH) in Den Haag hat im Zuge seiner Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen ein 42-köpfiges Team in die Ukraine geschickt. Auch NGOs sammeln Belege für Kriegsverbrechen von russischer Seite in der Ukraine.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) intensiviert jetzt ebenso ihre Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen im Zuge des russischen Angriffskriegs. Beobachter wurden in das Land entsandt, um Zeugen und Überlebende zu befragen, wie das OSZE-Büro für Demokratie und Menschenrechte in Warschau am Freitag mitteilte. Zuvor hatte die Organisation Interviews mit Menschen in Nachbarländern geführt, die vor der Invasion aus der Ukraine geflohen sind.

Für die OSZE und auch für die anderen Organisationen stehen die Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene im Fokus. Angriffe auf Zivilisten, Tötungen, Verschleppungen und Folter seien die dringlichsten Themen, hieß es aus Warschau. Bis zur Erstellung eines Berichts werde es wohl Monate dauern.

Links:

WAR CRIMES Russia vs Ukrainen


Ukraine to review 13,000 cases

A Russian soldier was sentenced to life in prison in Kiev on Monday in the first trial for war crimes. The 21-year-old non-commissioned officer had confessed to shooting a 62-year-old civilian. According to Ukrainian Prosecutor General Iryna Venediktova, many more similar trials will follow. About 13,000 cases are being investigated, it is said.

Only shortly before, there had been talk of about 11,000 suspected cases. This shows, it was said Monday evening by the BBC, how quickly this number is growing. The 13,000 cases had mentioned the attorney general to the «Washington Post». The war in Ukraine has now lasted exactly three months. It had begun on February 24 with the Russian invasion of the neighboring country.

The case of the first convict, Vadim S., was the first to be tried in court. The verdict is not final. The 21-year-old violated the laws of war, Judge Serhiy Agafonov said in explaining the sentence against the sergeant.

Convict appeals orders


He plans to appeal the sentence, according to his lawyer. «This is the harshest punishment, and any reasonable person would challenge it,» Viktor Ovsyannikov said. He said the «social pressure» was palpable in the court’s decision. The prosecution had asked for life imprisonment. The defense pleaded for acquittal because the soldier had carried out an order.

Car stolen with four other soldiers


The trial had begun last week. It is considered possible that the man will be exchanged for Ukrainian prisoners in Russia. Like Ukraine, Russia has taken many soldiers into captivity.

Defendant S., who belonged to the Kantemirovskaya armored division from the Moscow region, admitted to shooting an unarmed civilian in the village of Chupakhivka, east of the capital Kiev, on Feb. 28. In the first days of the war of aggression, the defendant’s armored division had advanced toward Kiev.

Ukrainian soldier
DEBATEUkraine: How to achieve peace?
When the column was attacked by Ukrainian forces, S., along with four other soldiers, stole a car to flee, the Ukrainian Prosecutor General’s Office said. The Russian soldiers drove to the village of Chupakhivka, they said.

Several shots with the assault rifle


There, according to the indictment, they encountered an unarmed resident who was riding his bicycle and talking on his cell phone. The suspect was then ordered to kill the civilian. In this way, the soldiers would have wanted to prevent the Ukrainian civilian from betraying their presence. S. fired several shots at the man’s head through the open window of the car with an assault rifle. The victim was killed on the spot.

Later, he had taken himself prisoner, because he had wanted to live and «not to fight.» «I do not deny my guilt.» Another Russian soldier who went into captivity with him confirmed the version in court. The commanding officer was 25 to 30 years old, the witness said. They had been told that the officer was dead by now, he added.

Trial under international scrutiny


The soldier apologized during the trial. «I regret it. I regret it very much. I did not refuse and I am ready to accept any measures imposed,» he said in his closing remarks. The trial in Kiev is under special scrutiny, as it is likely to be only the prelude to many more proceedings in light of serious allegations against the Russian military.

Lawyer Ovsyannikov had described the trial as a challenge at the outset. «This is the first case in Ukraine with such an indictment. There is no relevant legal practice or judgments on such cases,» he said. The Kremlin said shortly before the verdict was announced that Moscow was looking for ways to help the defendant. «Of course, the fate of our fellow citizen makes us concerned,» Kremlin spokesman Dmitry Peskov said, according to the Interfax news agency.

Thousands of civilians killed


Russia invaded neighboring Ukraine on February 24. The United Nations has since recorded more than 3,800 civilians killed. The actual number is likely to be significantly higher. UN human rights experts are conducting war crimes investigations in the country. The International Criminal Court (ICJ) in The Hague has sent a 42-member team to Ukraine as part of its investigation into possible war crimes. NGOs are also gathering evidence of war crimes by the Russian side in Ukraine.

The Organization for Security and Cooperation in Europe (OSCE) is now also intensifying its investigation into human rights violations in the wake of Russia’s war of aggression. Observers have been dispatched to the country to interview witnesses and survivors, the OSCE Office for Democracy and Human Rights in Warsaw said Friday. Earlier, the organization conducted interviews with people in neighboring countries who fled Ukraine before the invasion.

For the OSCE, as well as for the other organizations, the focus is on civilians and prisoners of war. Attacks on civilians, killings, abductions and torture are the most pressing issues, Warsaw said. It will probably take months before a report is produced, it said.

Links:


BBC live ticker on Ukraine war.
Washington Post (registration or fee required)
UN Human Rights Council
ICJ
OSCE